Wendelsteiner Badhaus

Badhaus erweist sich als „große Meisterleistung der reichsstädtischen Bautechnik“

Zisterne wurde wohl schon im 15. Jahrhundert eingebaut

Wendelstein - Das gute Spätsommerwetter bisher begünstigt die Forscher und Archäologen des Freilandmuseums Bad Windsheim bei ihren Ausgrabungen in den Fundamenten des ehemaligen Badhauses, dessen oberirdische Bauteile inzwischen eingelagert sind im Museum. Was jetzt noch zu forschen bleibt, muss in mühsamer Handarbeit durch „archäologische Basisarbeit“ erforscht werden und dabei stoßen Archäologe Wolfgang Steeger und Bauforscher Ralf Rossmeissl immer wieder auf neue interessante Details.

Während sich die Grabungsmannschaft des Freilandmuseums in den Fundamenten des Wendelsteiner Badhauses mühsam in Handarbeit beim Graben, Profilzeichnen und Einmessen der Befunde durch die Hausgeschichte „wühlt“ und so immer mehr neue Erkenntnisse gewinnt, sieht die Grabungsfläche an der Schwarzach für vorbeilaufende Fußgänger seit Tagen unverändert „ungeordnet“ aus. Dennoch gewinnt die Baugeschichte des Hauses durch die Grabungen immer mehr an Details und überraschenden Ergebnissen mit jedem Tag, denn mit jedem komplett erforschten Raum können Lücken für die Bau- und Nutzungsgeschichte geschlossen werden.
Zu den derzeit fertig erforschten und ergrabenen Räumen gehören die Schürkammer und ein benachbarter Raum, während die Zisterne, die sich nach der Entfernung der Erdauffüllung wie in früheren Zeiten wieder mit Grundwasser füllt, erst jetzt langsam ihre ganze Geschichte ablesbar für die Forscher „erzählt“. Bauforscher Ralf Rossmeissl nennt die Konstruktion der steingewölbten Zisterne unterhalb der Nutzungsräume im ehemaligen Badgeschoss eine „außerordentliche Ingenieursleistung für ein reichsstädtisches Gebäude im Landgebiet“ und nimmt an, dass diese Zisterne bereits zur Grundausstattung des Badhauses im 15. Jahrhundert gehörte. 

Schürlöcher und Herdstellen im „Schürraum“
Die Tatsache, daß sich die ehemalige Zisterne, die sogar eine steinerne Treppe als Zugang vom mittigen Hausgang aus hatte, inzwischen wieder mit Grundwasser füllt, sieht Rossmeissl auch als Indiz für das hohe Alter dieses „Wasserspeichers“ innerhalb des damaligen Badhauses. Und die Zisterne wurde scheinbar bis zuletzt genutzt, denn alle datierbaren Funde aus Füllung deuten darauf hin, dass der Raum erst im 18. und frühen 19. Jahrhundert zugefüllt wurde und so nicht mehr nutzbar wurde. Ergänzend dazu fanden die Fachleute des Bad Windsheimer Museums neue Hinweise und Bauteile für die Zu- und Ableitung des Wassers.
Teilweise geklärt ist damit bislang aber nur der technische Aufbau der Wasserversorgung für die Badstube, weitgehend abgeklärt ist jedoch die frühere Heiztechnik, da der Raum der Schürkammer bereits komplett ausgegraben ist. Hier wurden mehrere Heizstellen nachgewiesen sowie als wichtige Aussage, dass eine der Schüröffnungen zur Badstube hin darauf hindeutet, dass das Badhaus in seiner ersten Bauphase kleiner war und die Badstube anfangs von außen durch einen größeren Ofen beheizt wurde, da im Mauerwerk mehrere Baunähte festgestellt wurden als Hinweise auf mehrfache An- und Umbauten am Gebäude selbst. 

Helfer sind willkommen
Zu den besonderen Funden der bisher ergrabenen Teilfläche in der ehemaligen Badstube rechnet Ralf Rossmeissl einen „Rechenpfennig“ der Reichsstadt Nürnberg, der in den untersten Fundschichten geborgen wurde. Solche Rechenpfennige dienten zur Vereinheitlichung von festgelegten Zahlungen für Arbeitsleistungen ohne genauere Geldwertangabe und waren bis zum 16. Jahrhundert üblich. Im großen Raum der früheren Badstube stehen die weiteren Grabungen dabei noch aus und lassen für die Forscher noch manche neue Ergebnisse für die Bauforschung sowie für den früheren Arbeits- und Alltagsablauf in einer öffentlichen „Badstube“ erhoffen.
Die Arbeitsmannschaft um Bauforscher Ralf Rossmeissl und Archäologen Wolfgang Steeger ist trotzdem kein „Geheimbund“, Ralf Rossmeissl zufolge sind weitere freiwillige Helfer immer gern gesehen und können bei Interesse an der Mitarbeit an den derzeitigen Ausgrabungen an der Forschungsstelle zu den Arbeitszeiten vorbeischauen. Fachlich eingewiesen und eingearbeitet werden sie dann vom Archäologen vor Ort, Wolfgang Steeger, dem zugleich aber wie bei jeder Baustelle die Gesamtleitung der Grabung untersteht. Wer also interessante Erfahrungen im Alltag einer wissenschaftlichen Ausgrabung machen will ist den Forschern immer willkommen!           (jör)


Nach der Abtragung der Gewölbedecke zeigt die ehemalige Zisterne
des Badhauses ihre ganze Größe und füllt sich auch wieder mit
Grundwasser wie früher.


Die bereits fertig gegrabene Schürkammer mit den früheren Heizstellen.

 

Fotografischer Rückblick auf die Abbauarbeiten am alten „Badhaus“ in Wendelstein

Ein Haus verschwindet für seine museale „Wiedergeburt“

Wendelstein - Die derzeitige Sperrung der Brücke von der Nürnberger und Schwabacher Straße aus über die Schwarzach in den Wendelsteiner Altort ist für viele kein Grund zur Freude, aber dennoch nötig: Ein kleiner fotografischer Rückblick zeigt hier, wie das früher an der Brücke stehende ehemalige „Badhaus“ in den letzten Monaten „museumsgerecht“ verpackt Stück für Stück verschwunden ist, um später wieder im Fränkischen Freilandmu-seum in Bad Windsheim seine Wiederauferstehung zu erleben. 

Am Anfang der Abbauarbeiten zu Beginn des Jahres 2012 stand zunächst noch direkt an der Brücke zum Wendelsteiner Altort das seit Jahren leerstehende ehemalige „Badhaus“, das manche am liebsten zuvor schon als nutzlose Ruine abgerissen hätten: Mit seinem Scheunenanbau aus dem 19. Jahrhundert und dem Hauptgebäude, in dem sich teilweise sogar noch Bauteile aus dem Mittelalter und seiner Ersterbauung im 15. Jahrhundert zur Freude der Bauforscher vom Freilandmuseum in Bad Windsheim erhalten hatten, war das Anwesen ein unübersichtliches wie zugleich ortsprägenden Gebäude des denkmalgeschützten Altortensembles.
Schon 2011 hatten Ausgrabungen im früheren Erdgeschoß des Hauses mit den Räumen der Badstube und die Ergebnisse der Bauforschung viele spannende und überraschende neue Funde und Befunde erbracht, die dieses Haus auf einmal zu einem der interessanten Baudenkmäler in Deutschland machten und als früheres öffentliches „Badhaus“ umso einmaliger. Inzwischen ist der wissenschaftlich begleitete Rückbau des Hauses fast abgeschlossen und vielen Wendelsteinern fehlt auf einmal der gewohnte Blick auf den Ortseingang. Grund genug, den Abbau des Hauses hier nochmals fotografisch zu dokumentieren. 
(jör)

Im Oktober 2011 bietet das „Badhaus“ noch den für die Wendelsteiner typischen Blick
als Teil der Einfahrt in den Altort.


Im März 2012 beginnt der Rückbau, zunächst wird der Scheunenanbau
aus dem 19. Jahrhundert entfernt. Die Scheune wird als späterer Anbau nicht mehr wieder
im Freilandmuseum aufgebaut, das mittelalterliche Gebäude zeigt erstmals wieder
seine originale frühere Bauform.


Im Juni 2012 ist bereits ein Teil des Giebels des Hauses abgetragen und mit einer Plane
werden die wertvollen mittelalterlichen Bauteile des Hauses vor Wind und Wetter geschützt,
um sie später in einer Blockbergung abzubauen.


Am 19. Juli ist von den früheren Obergeschossen nichts mehr zu sehen und die teilweise
noch aus dem Mittelalter stammenden Holzdecken über dem Erdgeschoss mit der Badstube
zeigen deutlich die Spuren ihres hohen Alters und der Gebäudegeschichte.


„Gut verpackt“ als Blockteile mit ihren wertvollen mittelalterlichen Wandteilen warten
die ältesten Wände des Badhauses auf ihren Transport ins Depot des Freilandmuseums
in Bad Windsheim, um nach dem Wunsch der Gemeinde Wendelstein baldmöglichst wieder
bei der Rekonstruktion im Museum als historische Dokumente der fränkischen Baukunst
ein- und verbaut zu werden.
 
 

Der Abbau des Badhauses fürs Freilandmuseum in Bad Windsheim hat begonnen

Historisches Badhaus verschwindet jetzt „Stück für Stück“

Wendelstein - Sprichwörtlich „Stück für Stück“ verschwindet derzeit am Schwarzachufer in Wendelstein das historische Badhaus. Von Fachleuten des Fränkischen Freilandmuseums in Bad Windsheim betreut, hat eine Fachfirma jetzt begonnen, die Bauteile des Gebäudes abzutragen, wobei die ältesten Wandteile sogar in „Blockbergung“ als Ganzes abgebaut und später beim Wiederaufbau im Museum als wichtige Originalelemente des mittelalterlichen Hauses erneut eingebaut werden. 

Der Abbau hat Anfang Juni - wie auf dem Bild sichtbar - mit dem Rückbau des Hausgiebels zur Schwarzach hin begonnen. Von diesem Giebel, der als späterer Hausumbau aus dem 18. Jahrhundert stammt, und vom Dachwerk werden jedoch nur Bauteile wie die Balken als Einzelelemente beim Wiederaufbau im Freilandmuseum verwendet, wie auch die Ziegel zuvor einzeln vom Dach abgenommen wurden, um möglichst viel originale historische Bauteile für den späteren Wiederaufbau retten zu können. Der Wiederaufbau wird im Museum anstelle des jetzigen Giebelfachwerks mit der ursprünglichen mittelalterlichen Giebelform erfolgen.
Spannend wird es in den kommenden Tagen, wenn die wesentlich älteren Wandteile, die teilweise sogar noch aus der Zeit um 1500 stammen, vom Giebel zum Altort hin rückgebaut werden. Wegen der baugeschichtlichen Bedeutung werden diese Wandteile „ummantelt“ und als Ganzes geborgen, da sich auf ihnen wertvolle alte Putzschichten erhalten haben, die sonst beim Zerlegen der Wandteile unrettbar verloren wären. Und auch nach dem Hausabbau bleibt die Baustelle für die Bauforscher des Freilandmuseums interessant, da sie erst jetzt bei Ausgrabungen ungefährdet und großflächig die Strukturen und Befunde der Badstube erforschen können. 
(jör)


Foto (jör): Der jüngere der beiden Hausgiebel am Badhaus ist schon abgebaut
und auch in den nächsten Tagen „verschwindet“ das Badhaus immer mehr als Teil
des Wendelsteiner Ortsbilds.
 
 

Wendelsteins „Eingang“ zum historischen Altort verändert sich 2012 entscheidend

Altes „Badhaus“ zeigt jetzt sein ursprüngliches Aussehen

Wendelstein - Die kommenden Monate bis zum März 2012 werden die letzten sein, an denen die Wendelsteiner und ihre Gäste noch den gewohnten „Ortseingang“ zum historischen Altort mit dem ehemaligen Badhaus als Teil des Ortsensembles haben. Wie mehrfach berichtet, wird nach intensiver Bauforschung im kommenden Jahr das „Badhaus“ am alten Standort abgebaut und im Fränkischen Freilandmuseum Bad Windsheim in den nächsten Jahren wieder aufgebaut. Der jetzt abgeschlossene Rückbau der Scheune, ein Anbau aus dem 19. Jahrhundert an das Haus, ist das erste deutliche „Signal“ zum Beginn der Abbauarbeiten.

Weitgehend unsichtbar von außen erforschen schon seit knapp einem Jahr die Fachleute vom Fränkischen Freilandmuseum Bad Windsheim die Bau- und Nutzungsgeschichte des historischen Wendelsteiner „Badhauses“ an der Schwarzach und am Rand des Altorts vor dem ehemaligen unteren Markttor. Was die Experten aus verschiedensten Disziplinen vom Freilandmuseum bisher alles über den Badebetrieb selbst und die Bau- und Besitzergeschichte des Hauses durch Ausgrabungen und Befundsicherung sowie über die „klassische“ Forschungsarbeit in Archiven zur Gesamtgeschichte des Gebäudes herausgefunden haben stellte Ralf Rossmeissl auf Einladung des Heimatvereins Wendelstein bereits bei einem Vortrag im Oktober vor.
Das gute Wetter im Spätherbst sowie den November über bot zudem die Chance, noch vor Jahresende die erst im 19. Jahrhundert an das Badhaus angebaute Scheune zurück zu bauen. Die Scheune wird nicht wie das Hauptgebäude mit ins Freilandmuseum übernommen, da sie aus einer Phase stammt, als das Gebäude nach Ende der Nutzung als „Badhaus“ zum Bauernhof umgebaut wurde. Das Baumaterial wird dabei bei guter Erhaltung als historisches Baumaterial wieder verwendet. Auf diese Weise von seinem „Anbau“ befreit, präsentiert jetzt das Badhaus fast schon sein ursprüngliches Aussehen mit seinem rückseitigen Schleppgiebel, wobei das Fachwerk am Giebel jedoch erst vom Ende des 17. Jahrhunderts stammt.

Älteste Bauteile aus der Zeit um 1440
Das Gebäude des Badhauses vereint bis heute wichtige Bauteile vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert: Aus der Bauzeit um 1440 sind das steinerne ehemalige Erdgeschoss der Badstube mit den Fundamenten der Badhauseinrichtung, die hölzerne Eingangstür und der zum Altort hin zeigende Südgiebel erhalten. Drei im Gebäude erhaltene Balken-Bohlen-Stuben mit teilweise sogar erhaltener bauzeitlicher Bemalung stammen zudem von 1450 wie auch ein Teil des heute noch erhaltenen Dachstuhls und ein Großteil der erhaltenen Holzdecken. Im ersten Markgrafenkrieg wurde das Badhaus durch die Ansbacher Markgrafen teilweise zerstört, wobei beim Wiederaufbau das steinerne Badegeschoss wieder verwendet wurde.
Ein Brand im Haus 1541 und spätere Erweiterungen veränderten das unüblich große Badhaus für eine Landgemeinde wie Wendelstein im Inneren immer wieder. Als prägende Architekturform blieb dabei das sogenannte „Frackdach“ erhalten, das jetzt nach dem Scheunenabbau wieder sichtbar wurde. Sogar gegen 1700, als der Nordgiebel zur Schwarzach hin als letzte Baumaßnahme am Haus selbst nochmals erneuert wurde, blieb diese Giebelform prägend und das Haus überlebte einen weiteren Zimmerbrand. In Wendelstein wurde der Badebetrieb 1818 eingestellt. Danach diente die Badstube nur noch dem „Boder“ bis 1849 zum Haare schneiden. Danach wurde eine Bäckerei eingebaut, noch später die Stallung einer Lohnkutscherei.
(jör)


Nach dem Rückbau der Scheune wurde das mittelalterliche „Frachdach“ des Wendel-
steiner Badhauses wieder sichtbar. Der im Bild sichtbare Fachwerkgiebel mit seinem
einfachen Konstruktionsfachwerk wurde bei Baumaßnahmen um 1700 ausgewechselt.
 
 

Vortrag von Ralf Rossmeissl vom Freilandmuseum Bad Windsheim zu „Badhaus“

Wendelsteins „Schandfleck“ ist eigentlich große Rarität

Wendelstein - Der jahrelange Leerstand von Wendelsteins früherem Badhaus mit seiner eigentlich reichen Baugeschichte von ca. 1440 bis 1849 war es, weswegen das Haus bei vielen Wendelsteinern eher als „Schandfleck“ galt. Erst seit 2011 und dank des Gespürs der Fachleute aus dem Freilandmuseum in Bad Windsheim unter der Leitung von Prof. Konrad Bedal und seines Nachfolgers Herbert May gibt das Haus seine bau- und nutzungsgeschichtlichen „Schätze“ preis und erweist sich inzwischen als einzigartiges Baudenkmal mit besonderer Nutzung als Ort des mittelalterlichen Gesundheitswesens. Darüber referierte Bauforscher Ralf Rossmeissl jetzt auf Einladung des Heimatvereins

Über 100 interessierte Zuhörer folgten der Einladung des Heimatvereins „Unteres Schwarzachtal“ Wendelstein in den Saal des Martin-Luther-Hauses, worüber sich auch Ralf Rossmeissl als Referent freute. In ihrer Begrüßung lud Heimatvereinsvorsitzende Irene Jantschke zu einer spannenden Zeitreise in die mittelalterliche Welt des Gesundheitswesens ein. Rossmeissl würdigte in seinen Dankesworten einleitend zudem die Mitarbeiter des Wendelsteiner Bauhofs, die derzeit nach fachlicher Einarbeitung durch Museumsrestaurator Dieter Gottschalk ihre Hilfseinsätze für die Museumsfachleute im Badhaus „absolut denkmalgerecht“ machen. Der Vorstellung der Grundlagen und rechtlichen Bedingungen, die für die Übernahme eines historischen Hauses ins Freilandmuseum nach Bad Windsheim vom Abbau vor Ort bis zum Wiederaufbau im Museum ausschlaggebend sind, folgte ein kurzer Bericht über die bisherigen Schritte zur Erforschung der Bau- und Nutzungsgeschichte des Wendelsteiner „Badhaus“: Im aktuellen Fall wäre der Erhalt und die Sanierung des Hauses am Ort durch einen Privatbesitzer schier unmöglich gewesen und als zweiter Aspekt hätte für dieses außergewöhnliche Baudenkmal zudem eine denkmalschutzverträgliche Nutzung gefunden werden müssen.

Das Badewesen hat in Süddeutschland eine lange Geschichte
Sowohl anhand heute noch gängiger Sprichworte, die aus dem mittelalterlichen Bade- und Gesundheitswesen stammen, wie auch mit Darstellungen aus dem 14. bis zum 18. Jahrhundert mit Szenen vom üblichen Badebetrieb schilderte Ralf Rossmeissl danach die lange Geschichte des Bade- und Gesundheitswesens in Süddeutschland. In südwestdeutschen Städten werden um 1250 zum ersten Mal öffentliche Badstuben als eigenständige Institutionen genannt und von den Städten aus „wandert“ die Idee des Badhauswesens im 14. und 15. Jahrhundert schnell flächendeckend auch bis in die Dörfer.
Die öffentlichen Badstuben waren zudem nicht nur Orte zur Gesundheitspflege und zum sprichwörtlichen Waschen und Reinigen des Körpers, sondern gerade auf dem Land auch wichtige Kommunikationsplätze, die es sonst „auf dem Dorf“ nur beim Kirchgang, an der Kirchweih oder im Gasthaus gab. Die öffentlichen Badhäuser wurden dabei, wie auch das Wendelsteiner, immer bewusst außerhalb des Ortes und direkt am Wasser errichtet, da wegen des Funkenflugs im Badeofen immer Feuergefahr bestand. Die Badezeiten selbst, so Ralf Rossmeissl, fanden streng nach Geschlechtern getrennt statt und allein deshalb widerspricht schon der damalige Badebetrieb der Mär von Badhäusern als „Sündenpfuhl“. 

Christus als Badhauspächter und andere Details über den Badebetrieb
Teilweise direkt über Funde und Befunde aus den Ausgrabungen im Wendelsteiner Badhaus und teilweise durch historische Darstellungen belegbar, bei denen beispielsweise sogar Christus als Badhauspächter einen Pilger bei seinem symbolischen Badhausbesuch „betreut“, stellte der Referent alle „Dienstleistungen“ in einem mittelalterlichen Badhaus vor. Neben dem Schwitzbad, Aufgüssen und dem Bad im Wasserzuber gehörten auch die Seifenherstellung, das Zähne ziehen, Aderlass, Schröpfen und als „Wellnessangebot“ die Bereitstellung von Ruhebetten in größeren Badhäusern zum Gesamtservice. Manche Bader verdienten sich sogar als „Apotheker“ mit dem Mischen von Arzneien für Kranke zusätzlich Geld.
Jeder Badhausbesucher damals hatte nach historischen Quellen zudem gesichert das Recht auf ein eigenes Badetuch und je fünf Liter heißes wie kaltes Wasser. Und wer bisher die Bademütze als moderne Erfindung sah, ähnliches gab es schon im mittelalterlichen Badebetrieb: Alle Besucher bekamen für den Badbesuch damals nämlich zusammen mit dem Badetuch verpflichtend einen geflochtenen „Badehut“. Die Herstellung dieser „Badehüte“ war dabei für die Badeknechte und -mägde, die vom mageren Lohn des Badhausbetreibers leben mußten, eine wichtige Verdienstaufbesserung und sie hatten das Monopol auf dieses „Baderequisit“. 

Teile des Wendelsteiner Badhauses stammen noch von ca. 1440
Nach dieser Vorstellung des Berufsbildes und der Tätigkeiten des „Baders“ bildete die Bau- und Nutzungsgeschichte des Wendelsteiner Badhaus den zweiten Schwerpunkt des Vortrags. Baugeschichtlich ist das Gebäude schon insofern eine Rarität, da bis heute wichtige Bauteile aus der Bauzeit von 1437 erhalten sind wie das steinerne ehemalige Erdgeschoss der Badstube mit den Fundamenten der Badhauseinrichtung, die hölzerne Eingangstür und der zum Altort hin zeigende Südgiebel. Zwei im Gebäude erhaltene Balken-Bohlenstuben mit teilweise sogar erhaltener bauzeitlicher Bemalung stammen zudem von 1450 wie auch ein Teil des heute noch erhaltenen Dachstuhls und ein Großteil der erhaltenen Holzdecken. Die teilweise Zerstörung des Hauses durch die Ansbacher Markgrafen, ein Brand im Haus 1541 und spätere Erweiterungen veränderten das an sich schon unüblich große Badhaus für eine Landgemeinde wie Wendelstein immer wieder und als letzte Baumaßnahme am Haus selbst wurde 1732 der Nordgiebel zur Schwarzach hin erneuert. Die derzeit noch ans Haus anschließende Scheune wurde erst im 19.Jahrhundert direkt „über Eck“ angebaut und wird nicht mit ins Freilandmuseum übernommen. Vor dem eigentlichen Abbau des Hauses ab 2012 wird diese Scheune abgetragen, um die Baumaterialien bei Bedarf weiterverwenden zu können. Dank der Tatsache, daß das Wendelsteiner Badhaus von 1467 bis 1806 zum Besitz des Nürnberger Heilig-Geist-Spitals gehörte, ist auch die Forschungslage zu den Besitzern und Pächtern einmalig gut. So sind seit 1467 alle damals in Wendelstein tätigen Bader, die das Haus vom Spital immer nur auf Pacht bekamen, namentlich erfasst und dazu auch manche Kuriositäten mehr. 1814 jedoch wurde vom Königreich Bayern der Betrieb öffentlicher Badstuben verboten und in Wendelstein gab 1849 der letzte dort tätige Bader seinen Beruf auf. Danach diente die alte Badstube als Bäckerei und noch später als Stall und Mehrzweckraum, da der damalige Hausbesitzer um 1900 eine „Lohnkutscherei“ betrieb. 
(jör)


Jost Amman stellte so 1568 die gängigen „Wellnessangebote“ in einem Badhaus dar:
Die Frauen mit ihren Badehüten haben ihre Kinder zum Waschen mit dabei
und bei einer der Frauen führt der Badhauspächter gerade das Schröpfen mit meinem
Schröpfbecher durch. (Quelle: Freilandmuseum Bad Windsheim)