Im Jahre 1887 wurde auf dem Anwesen Vonend in Raubersried am Weg nach Sorg ein typisch fränkischer freistehender Backofen vom Maurermeister Michael Egensteiner errichtet. Um 1977 erhielt der Heimatverein den Hinweis, dass der Backofen für die Schaffung einer neuen Zufahrt in den Hof des Anwesens abgerissen werden soll. Kurz entschlossen hat der „Harte Kern“ des Vereins mit Unterstützung der Gemeindearbeiter den Backofen Schicht um Schicht abgetragen und auf dem Lagerplatz der Gemeinde zwischengelagert. Alles wurde zeichnerisch festgehalten und gekennzeichnet. Im Jahr 1982 fand sich neben dem Mosthaus ein Grundstück, auf dem der Backofen sein neues Zuhause bekommen sollte. Mit Hilfe der entsprechenden Fachleute wurde der historische Ofen wieder neu errichtet und schon Ende des Jahres konnte die Einweihung unter Mitwirkung vieler Freunde des Vereins stattfinden.
Brotbacken in einem Holzbackofen kann man wahrlich als Kunst bezeichnen: am Vortag wird der Ofen mit einer kleinen menge Holz geschürt, damit vor allem nach einer längeren Standzeit das Gewölbe aufgewärmt wird. Am Backtag wird der Ofen früh zeitig auf Temperatur gebracht, in dem ca. 30 Scheit Holz verschürt werden. Sobald das Gewölbe freigebrannt ist, wird die Glut aus dem Ofen geräumt und mit einem sogenannten „Huddel“ (feuchtes Handtuch) ausgewischt. Das dient zur Säuberung und Befeuchtung des Garraums. Sobald der Ofen zwischen 310 – 280 ºC hat, können die Brotlaibe eingeschossen werden. Nach gut 30 min werfen der Ofenmeister und die Bäcker einen kurzen Blick in den Ofen: das ist fast der spannendste Teil! Wie sehen die Brote aus? Sind sie schön aufgegangen, stimmt die Farbe? Fertig sind die Brote, wenn man auf ihren Boden klopft und diese hohl klingen. Ohne weitere Befeuerung ist der Ofen nach dem Brotbacken auf der richtigen Temperatur, um Stollen, Kuchen oder auch Schäufele zu garen.
Das Backofenteam besteht aus einer Reihe Hobbybäcker und Interessierten, die sich schon Zuhause um die Vorbereitungen für die Backevents unter dem Jahr kümmern. Hierzu gehört das regelmäßige Füttern des Sauerteig-Anstellguts, die Beschaffung
von großen Mengen von Zutaten – pro Ofenladung immerhin gut 50 kg Mehl, 1 kg Salz, 450 g Brotgewürz und einige Liter Wasser sowie nächtliche Besuche im Heimathaus am Abend vor dem großen Backen, um Vorteige vorzubereiten und Zutaten abzuwiegen. Am Backtag
bereitet das Backofenteam dann pro Ofenladung 75 kg Brotteig in einer alten Metzgermaschine vor, wiegt ihn per Hand ab und wirkt dann ca. 50 Brote händisch, bevor diese in Gärkörben eine Ruhezeit von gut einer Stunde bekommen. Das Team transportiert die Brote
zum Backofen und schießt jedes einzeln mit einem Brotschieber in den Ofen. So werden verschiedenste Brotsorten im historischen Ofen gebacken, außerdem experimentiert das Backofenteam mit anderen Gebäcken wie Pizza, Flammkuchen, Rahmfleck, Stollen, Hefeteilchen,
traditionellen Kuchen und auch Schäufele.
Interessierte und Helfer sind jederzeit herzlich willkommen.
Früher gehörten Backöfen und „Backhäuser“ zum Brotbacken auf dem Land zu vielen Höfen und viele Gemeinden unterhielten für ihre Bürger zur Selbstversorgung öffentliche Backöfen. Daran erinnert seit 35 Jahren das Wendelsteiner Backofenfest des Heimatvereins
am alten Backofen an der Zandersstraße.
Nach dessen Wiedereinweihung 1985 mit einem ersten Backofenfest entstand im Heimatverein der Gedanke, daraus ein jährliches Fest passend zur traditionellen Erntezeit für die Bevölkerung in Wendelstein zu machen. Seitdem ist dieser Termin am ersten Sonntag im September
fester Bestandteil der Geselligkeit im Vereinsleben. Mit musikalischer Begleitung wird das frisch gebackene Brot als Schinken-, Käse-, Schmalz-, Obatzter- oder Butterbrot verzehrt. Dazu gibt es Bier, Wein, Alkoholfreies sowie Kaffee und Kuchen. Für den Verzehr in den nächsten
Tagen werden außerdem Brotlaibe gebacken und verkauft. Interessierte haben die Möglichkeit, sich beim Backofenteam zu informieren und können natürlich einen Blick in den historischen Ofen werfen. Schaubacken findet in unterschiedlichen Formen statt.
Seit 2023 veranstalten wir einmal im Quartal (Termine siehe Kalender) ein Dorfbacken wie „früher“. Hierzu heizt der Ofenmeister den historischen Backofen am Freitagabend an und Samstag in der früh treffen wir uns am Ofen. Die Bevölkerung ist dazu eingeladen, ihr eigenes Backgut vorbei zu bringen, um es im Holzofen zu backen. Bei netten Gesprächen, einer Tasse Kaffee und allerlei zum Probieren vergeht die Zeit, die das Backgut im Ofen ist, wie im Flug. Das Backofen-Team füllt den Rest des Ofens mit neuen Brotsorten, experimentiert mit anderen Gebäcken oder herzhaftem.
Anmeldungen und Rückfragen ans Backofenteam können per E-Mail an dorfbacken@heimatverein-wendelstein.de gerichtet werden.